Geschichte des OV Grünberg
Einer der ersten Ortsverbände des THW konstituierte sich in Gießen. Nach einer Vorführung der Gießener im Jahre 1961 in Grünberg wurde auf Anregung von Bürgermeister Anschütz, Ingenieur Erb und Stadtinspektor Erb am 10. August 1961 der THW-Ortsverband Grünberg gegründet. Die Gründungsgruppe bestand aus 10 idealistisch gesonnenen Männern, deren Haupt Erich Plötner wurde.
Gründungsmitglieder waren:
- Erich Plötner
- Werner Schröder
- Hans Spee
- Robert Godosar
- Erhard Godosar
- Helmut Herdt
- Willy Seib
- Hans Weber
- Willy Schäfer
- Fritz Pfeffer
Die Anfänge waren bescheiden. Die Ausbildung erfolgte in einem kleinen Werkraum der Firma Plötner an Miniaturmodellen. Die Grünberger Feuerwehr leistete damals erste Schützenhilfe bei der Ausbildung an verschiedenen Geräten.
Im Verlauf eines Jahres wuchs die Gruppe bereits auf 23 Helfer an. Sie erhielt damals auch schon zwei ihrer Fahrzeuge: einen Mannschaftskraftwagen (MKW), der mit Geräten zur Bergung von Menschen aus Trümmern ausgestattet war, und einen Werkzeugwagen für die Wiederherstellung von Versorgungsleitungen aller Art. Zur Unterbringung der Fahrzeuge stellte die Stadt dem Ortsverband die Garagen des ehemaligen Schottschen Anwesens auf dem Graben zur Verfügung.
Die Zahl der Helfer wächst ständig. Sie kommen gerne, denn schließlich ist es eine gute Sache, seinen Mitmenschen zu helfen und außerdem Nützliches für Beruf und Freizeit dazuzulernen.
Das fünfjährige Jubiläum wurde am 22. Januar 1967 mit Ausstellung der Fahrzeuge und Geräte, Besichtigung der Unterkunft, Platzkonzert des Musikvereins, Ansprachen von Ortsbeauftragten, Landesbeauftragten, Landrat und Bürgermeistergefeiert. Höhepunkt der Jubiläumsfeieraber war die Einweihung einer Unterkunft. Die neue Unterkunft war mit viel Mühe und Liebe hauptsächlich durch Eigenleistung der Helfer entstanden. Über 2000 Arbeitsstunden hatte man freiwillig aufgewandt, um aus der gemieteten Scheune im „Graben" eine THW-Unterkunft herzurichten.
Der Ortsverband zählt zu diesem Zeitpunkt 80 Helfer (einschließlich Reservisten). Ein weiteres Einsatzfahrzeug, der Gerätekraftwagen (GKW) war hinzugekommen. Er enthält einen kompletten Bergungssatz, bei dem selbst Flaschenzüge, Motorwinde, Brennschneidgerät und Sprengausrüstung nicht fehlen. Der Ortsverband besteht nun aus zwei Bergungsgruppen zur Unterstützung des damaligen Luftschutzhilfsdienstes (LSHD), einer Katastrophenschutzgruppe für die technische Hilfe bei Unglücks- und Katastrophenfällen, und einer Elektrizitätsgruppe zur Hilfeleistung für die E-Werke bei größeren Störungen.
Den Beweis dafür, daß von dem GrünbergerTHW schon in den Gründerjahren gute Arbeit geleistet wurde, lieferte man bereits im Jahre 1964 bei einem Gruppenwettbewerb mit dem THW des Kreises Alsfeld. Damals gewann die Gruppe aus Grünberg unter der Leitung von Erich Roth den Wanderpokal. Es zeigte sich jedoch immer wieder-auch bis zum heutigen Tag - daß man bei Wettkämpfen oft besser abschneiden könnte, wenn dem Ortsverband ein geeignetes Übungsgelände zur Verfügung stände.
Das THW übernimmt mehr und mehr technische Hilfeleistungen. Man beginnt mit dem Abbruch alter Häuser, baut Brücken und Schutzhütten.
In diesem Zusammenhang sei an den Abbruch eines 350 Jahre alten Hauses in Laubach und an den Bau eines Badesteges am Gederner See erinnert.
Gerne wird auch immer wieder die Nachrichtenübermittlung bei öffentlichen Veranstaltungen übernommen, wie z.B. bei Rennveranstaltungen oder Festzügen. Erwähnenswert sind hier vor allem die Einsätze bei den Wertungsläufen zur ADAC-Hessenrallye in den Jahren 1983, 1984, 1985, und 1986 in Villingen. Die Grünberger Helfer ernteten immer wieder großes Lob vom ADAC/für die vorbildliche Arbeit zur Streckensicherung. Hier kamen nicht nur die Funkgeräte zum Einsatz -zur Nachrichtenübermittlung zwischen Start und Ziel wurden per Feldkabelbau biszu 6 Kilometer lange Leitungen verlegt. Während der Rennveranstaltung stand stets der Gerätekraftwagen „für alle Fälle" bereit.
Inspektionen des Ortsverbandes durch Regierungsbeauftragte verlaufen immer zu deren Zufriedenheit. Die Helferzeigen sich nach Übungen und im Unterricht sehr aufgeschlossen und zeigen einen guten Ausbildungsstand. Immer mehr zieht das THW die Aufmerksamkeit auf sich.
Öl-Alarm gab es im Jahre 1965, als ein Tankwagen zwischen Grünberg und Lauter umgekippt und das Queckborner Quellwasser ernsthaft bedroht war. Der Techniker der Frankfurter Ölfirma ließ jedoch die Helfer des THW Grünberg zunächst nicht „ran". Mehr Vertrauen hatte er in eine Frankfurter (!) Abschleppfirma, die jedoch ausblieb. Erst als ein aus Lollar herbeizitierter Wagen wieder umkehrte, weil die Wiese zu weich war, griff man schließlich in den Abendstunden auf das THWzurück, das gemeinsam mit dem Grünberger Abschleppdienst den Tankwagen wieder so sanft auf die Füße stellte, „wie es besser nicht ging".
Die Tage vom 19. bis 25. Juli 1966 bringen für die Helfer vom THW härtesten Einsatz in unmittelbarer Folge:
Dienstag, 19. Juli: Unvorstellbare Regenmengen führen in dergesamten Rabenau zu einer Überschwemmung katastrophalen Ausmaßes. Das Wasser steht 1,5 Meter hoch in den Straßen. Dem THW Grünberg wird über Polizeifunk zunächst Odenhausen als Einsatzort angegeben. In aller Eile bauen die Helfer ein Behelfsfloß, um Menschen und Vieh in Sicherheit zu bringen.
Noch während dieser Arbeit muß eine Gruppe nach Londorf abgestellt werden, die die Aufgabe erhält, eine Brücke an einer Mühle, die gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten ist, zu sichern. Mit größter Mühe erreichen die THW-Fahrzeuge durch das zum reißenden Strom gewordene Tal ihren neuen Einsatzort. Von der zu sichernden Brücke ist nur noch der Handlauf zu sehen.
Überall droht angeschwemmtes Holz die Brücke wegzureißen. Nach mühevoller Arbeit, bei der die Helfer nur angeseilt arbeiten konnten, werden Holzstaus an der Brücke beseitigt. Brücken, deren Endauflagen auf den Ufern beschädigt sind, werden wieder befahrbar gemacht. Endlich, gegen 24.00 Uhr, kann der letzte Helfer zum Essen gehen; um 0.45 Uhr wird die Heimreise angetreten.
Am Tag darauf, am Mittwoch, dem 20. Juli 1966, kommt ein neuer Hilferuf an das THW Grünberg. In Kesselbach ist das gesamte Holz eines Sägewerkes abgetrieben worden und hat eine Brücke zum Einsturz gebracht. Dadurch ist ein neuer Wasserstau entstanden, so daß die Keller nicht leergepumpt werden können. Erst um 2.15 Uhr kehren die Helfer von ihrem Einsatz zurück.
Freitag, 22. Juli 1966, erneut Alarm: Eine noch höhere Woge wälzt sich durch das Lumdatal. Von derBrücke.diedasTHWam Dienstag noch mit einem Geländer versehen hatte, ist nichts mehrzu sehen. Noch bis in die Nacht bauen die Grünberger eine Holzbrücke. In den folgenden Tagen sind die Helfer mit dem Bau einer Behelfsbrücke in Londorf beschäftigt. Sie kann am 25. Juli (!) dem Verkehr übergeben werden.
Genauso plötzlich und unvorbereitet wie bei der Katastrophe im Lumdatal bricht in der Nacht vor dem Heiligen Abend 1967 eine nicht minder schwere Überschwemmungskatastrophe über zahlreiche Dörfer und Städte im Wetter-, Horloff- und Seenbachtal herein. Auf dem Oberseener Hof bei Altenhain besteht Gefahr für Tiere und Gebäude. Die gesamte Hofreite ist überflutet. Grünberger THW-und Feuerwehrmänner, bis zu den Knien im eisigen Wasser stehend, bannen die Gefahr. Nach 24stün-
digem Einsatz kehren sie übermüdet und durchnäßt am Heiligen Abend nach Hause zurück.
Inzwischen sind Hochwassereinsätze schon fast THW-Routine geworden. Zwar hat man in der jüngsten Zeit durch gezielte Baumaßnahmen größere Schäden an Brücken, Gebäuden usw. weitgehend vermieden; die Gefahr des plötzlich eintretenden Hochwassers, verbunden mit Überflutungen von Straßen, Höfen und Kellern ist jedoch nicht gebannt.
Im Jahr 1984 wurde dies deutlich. Im „Rekordjahr" der Hochwassereinsätze kam es gleich zu drei schweren Überschwemmungskatastrophen, bei denen nicht nur der Landkreis Gießen, sondern auch andere Teile der Bundesrepublik Deutschland betroffen waren:
Im Februar traten nach tagelangen starken Regenfällen die Flüsse und Bäche über die Ufer und überfluteten Straßen und Keller. Am 7. Februar wurde das THW Grünberg alarmiert. Zwei Tage lang bewegten sich die Helfer in dem eiskalten Wasser und waren damit beschäftigt, Tiere aus überschwemmten Ställen zu bergen, Sandsäcke zu füllen und Keller auszupumpen. Die Haupteinsatzgebiete waren für das Grünberger THW wieder das Lumdatal und der Raum Gießen.
Am 30. Mai 1984 kam es zu dem zweiten Hochwassereinsatz in diesem Jahr. Dieser Einsatz dauerte ebenfalls zwei Tage und erstreckte sich auf die Räume Gießen und Laubach.
Am 23. November 1984 kam es zu der größten Katastrophe, von der der Raum Grünberg heimgesucht wurde. Am 22. November waren bereits innerhalb von 24 Stunden über 50 Liter Regen pro Quadratmeter niedergegangen. Am 23. November waren gegen 3.00 Uhr zahlreiche Straßen und Keller derart überflutet, daß bei der im Landratsamt zwischenzeitlich eingerichteten technischen Einsatzleitung aus allen Teilen des Kreisgebietes zahlreiche Hilferufe eingingen. Die Straßen zum Lumdatal mußten wegen der Überschwemmung gesperrt werden — das Lumdatal war bis 11.00 Uhr von der Außenwelt abgeschnitten.
Bis zum Morgen des 23. November war Grünberg noch nicht direkt betroffen. Erst als gegen 4.15 Uhr eine Orkanbö durch Grünberg fegte und dort 50 Dächerteilweise und 10 Dächer völlig abdeckte, mußten die Grünberger Feuerwehr und das THW alarmiert werden. Man stellte fest, daß der Orkan nicht nur Dächer abgedeckt, sondern in Grünberg und Queckborn auch HäuserbiszurBaufälligkeit beschädigt hatte. Rund um Grünberg - bis weit in den Kreis Alsfeld-botsich ein schauerliches Bild: Der Sturm hatte auch riesige Schneisen in die Wälder geschlagen. Zahlreiche Bäume waren abgeknickt oder entwurzelt. Umgestürzte Bäume hatten auch die Straßen, die durch Wälder führen, blockiert.
Die HelferdesTechnischen Hilfswerks machten sich in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr daran, die hölzernen Hindernisse zu zersägen und so die Fahrbahnen wieder passierbar zu machen. Eine Gruppe des THW war damit beschäftigt, in den Straßen von Grünberg die herabgestürzten Dachteile zu zersägen und zu entfernen. Dank vieler Helfer aus der Bevölkerung konnten die Straßen im Laufe des Tages geräumt werden.
Die Räumung der Landstraßen mußte an diesem Tag auf die wichtigsten Strecken beschränkt werden. Nach einem 14stündigen Einsatz wurden die Helfer zurückbeordert. Die Anzahl der Bäume, die verschiedene Teilstrecken noch versperrten -z. B. die Strecke zwischen Klein-Eichen und Ilsdorf — war so groß, daß die Fahrbahnen erst nach tagelangem Einsatz von Waldarbeitern geräumt werden konnten.
Im Zuge des Umbaues der Kreisstraße und der Brücke über den Seenbach nach Stockhausen im Juli 1971 erstellten die Helfer des THW trotz tagelanger Regenfälle in 3 Tagen eine Behelfsbrücke. Sie gilt als die größte bishererbauteTHW-Brücke im Kreis, mit Fußgängerüberweg und einer Tragkraft von 26 Tonnen. Dem Verkehr wurde sie mit 161 freigegeben.
Auf nationaler Ebene machte das Grünberger THW von sich reden, als man im Juni 1979 mit einer Wettkampfmannschaft das Land Hessen vertreten durfte. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern waren in Hessen keine Ausscheidungswettkämpfe durchgeführt worden. So kam es, daß man drei Wochen vor dem Bundeswettkampf fieberhaft eine Mannschaft suchte, die bereit war, ohne Vorbereitung anzutreten.
Als der jetzige Ortsbeauftragte und damalige Bergungszugführer Helmut Nickel hierüber angesprochen wurde, sagte er spontan zu. In aller Eile zimmerte er eine Wettkampfgruppe zusammen, bei der er selbst als Gruppenführer fungierte. Verschiedene Ausrüstungsgegenstände, die man benötigte, aber beim Ortsverband Grünberg nicht zur Verfügung hatte, wurden schnellstens beschafft; u.a. auch ein Schlauchboot, mit dem man während des Wettkampfes die gesamte Mannschaft mit der Ausrüstung über einen Fluß transportieren sollte. Am 9. Juni 1979 traten dann in Arnsberg die Grünberger mit folgender Besetzung zum großen Spektakel an: Helmut Nickel, Karl-Otto Sauer, Gerd Rohrmann, Burkhard Götzl, Peter Eschenbacher, Walter Schnecker, Hans Strasser, Bernd Sittner, Jürgen Gehringer, Karl-Heinz Weber, Dieter Sauer, Dieter Hessler, Rolf Neunobel und Gerhard Nagel.
Die Grünberger gingen ihre Aufgaben mit der größten Sorgfalt an, und man merkte auch bald an den Fehlern der anderen, daß an diesem Tag „etwas drin" war. Leider wurden Fehler beim Fahren mit dem Boot gemacht - kein Wunder, schließlich hatte man nur zwei Tage zur Verfügung gehabt, um aus Laien wettkampffähige Bootsführer zu machen. Bei der Endabrechnung hatte man aber trotz der Schwierigkeiten auf dem Wasser einen hervorragenden fünften Platz erreicht —ein nie erhoffter Erfolg, der überall für Schlagzeilen sorgte.
Im Jahr 1977 wurden die vorhandenen Mannschaftskraftwagen (MKW) und der Gerätekraftwagen (GKW) gegen Fahrzeuge der neuen Generation ausgetauscht. Bei den neuen Fahrzeugen sind Mannschafts- und Geräteaufbau voneinander getrennt. Sämtliche Geräte können, ohne das Fahrzeug zu betreten, von außen entnommen werden. Im November 1977 wird zusätzlich ein VW-Kombi, der als Führungsfahrzeug fungieren soll, ausgeliefert.
Das langersehnte Schlauchboot kommt im Januar 1981 und hat auch kurze Zeit später seinen ersten Einsatz: Eine Wasserleiche mußte aus einem Teich geborgen werden.
Am 1. Januar 1981 übergab der Ortsbeauftragte Erich Plötner nach fast 20jähriger Tätigkeit sein Amt an seinen Nachfolger Helmut Nickel.
Inzwischen ist eine neue Unterkunft im Bau. Die Unterkunft im „Graben" konnte den Anforderungen schon lange nicht mehr standhalten, die für eine Hilfsorganisation mit Ausbildungs- und Einsatzbetrieb üblich sind. Ein weiteres Problem war die Unterbringung der Fahrzeuge. Während zwei Fahrzeuge in der Feuerwehr-Garage in der Gallushalle untergebracht waren, stand der Rest im ehemaligen Feuerwehr-Gerätehaus am Kirchplatz.
Am 26. September 1981 wurde die neue Unterkunft eingeweiht. Direkt neben der Unterkunft hatte man außerdem eine Fahrzeughalle gebaut, in der alle Fahrzeuge untergebracht werden können.
Die Unterkunft enthält nun auch neben dem Unterrichtsraum, Geschäftszimmer und Kleiderkammer auch ein Materiallagerraum, eine Werkstatt, eine Teeküche sowie großzügige Umkleide- und Waschräume.
Ebenfalls im September 1981 erhält der Ortsverband Grünberg für den Versorgungsdienst einen Feldkochherd. Mit der vorhandenen Ausrüstung ist man nunmehr in der Lage, 500 Personen voll zu verpflegen.
Am 1 .Januar 1984 wurde beim Ortsverband Grünberg als Regieeinheit eine Beobachtungs- und ABC-Meßstelle (BAMSt) eingerichtet, die in Verbindung mit dem Warnamt steht